In allen Organisationen, in denen ich gearbeitet habe, gab es gedruckte Broschüren. Alle waren mit Ihnen zufrieden und wollten immer mehr haben. Alle außer mir. Ich kann stundenlang über meine Kämpfe gegen Broschüren sprechen, aber die Befürworter gewinnen immer. Egal wie oft ich das Marketing digital aufgestellt habe, tauchen die Broschüren immer wieder auf – wie Zombies, alt, staubig und erschreckend. Und gleichzeitig immer bereit ein neues Leben anzufangen. In einigen Unternehmen kann man ohne sie weder leben noch arbeiten. Vor allem kann man ohne gedruckte Broschüren nichts verkaufen.
HIER EINE AUSWAHL DER „BESTEN“ GRÜNDE, DIE MIR BEGEGNET SIND:
- Gedruckte Broschüren sind in erster Linie ein internes Dokument, das beweist, dass das Produkt-Management seine Arbeit erledigt hat. Es ist eine Art Abschlussarbeit.
- Broschüren gelten nicht nur als Beweis dafür, dass ein Produkt existiert, sondern auch, dass es in der Tat verkauft werden soll. Der Vertrieb folgt einer simplen Logik: ohne Broschüre kann man nichts verkaufen. Es ist ja klar, dass die Kunden keine Produkte kaufen (auch wenn sie sie brauchen), ohne eine Broschüre in den Händen zu halten. Es ist quasi ein Ritual vor dem Beginn der Verhandlungen: Broschüre halten.
- Man nutzt sie als eine nette Geste gegenüber potenziellen Kunden. Man überreicht eine Broschüre nach dem Termin, damit der Kunde sie später aufmerksam durchlesen kann. Was er mit Sicherheit auch tut.
- Viele brauchen die Broschüren für die Messen. Sie gehören zur Standardausstattung am Stand. Manager halten sich an Broschüren fest, damit sie nicht hinfallen. Broschüren geben ihnen nicht nur Halt sondern auch ein Sicherheitsgefühl, dass sie alles über das Produkt nachlesen können. So wird der Mangel an Wissen über ein Produkt kaschiert. Es wird so getan als würde man bei Messen dem Kunden zuliebe die Broschüre zusammen durchgehen. Es fällt aber immer auf, wenn die Informationen zum ersten Mal gelesen werden.
- Die Broschüre ist eine einfache Methode, einen vermeintlich erfolgreichen Erstkontakt mit einem potenziellen Kunden herzustellen. Man drückt sie ihm in die Hände und man ist glücklich: „Ich habe ihm die Informationen gegeben!“ Die Broschüre ist eine Beruhigung für das Gewissen. Sie wird verschickt oder ein Kunde wird auf eine Broschüre hingewiesen und man hat schon etwas für den Vertrieb gemacht.
Diese Argumente wiederholen sich in verschiedenen Ausprägungen. Kennen Sie noch welche? Ich freue mich auf Ihre Kommentare.
All diese Gründe haben aber nichts mit dem Kunden zu tun. Nichts. Ich habe gesehen, wie Mülltonnen voll von unseren Broschüren waren, weil die Kunden sie aus Höflichkeit nahmen und sofort weggeworfen haben. Andererseits habe ich noch nie einen Kunden auf der Messe gesehen, der interessiert eine Broschüre oder einen Flyer gelesen hat.
Aber trotzdem werden gedruckte Werbemittel weiterhin im B2B Marketing verwendet, obwohl man längst im digitalen Zeitalter ist. Selbst die Unternehmen, die sich als Innovatoren in einem technischen Bereich positionieren, nutzen sie. Würden diese Broschüren neue Kunden bringen oder sie besser überzeugen, dann wäre das in Ordnung. Whatever works. Aber Unternehmen, die primär auf Broschüren setzen, erreichen die potenziellen Kunden nicht und ihre Produkte und Leistungen bleiben unbekannt. Und welche Lösung sehen sie dann? Richtig. Mehr Broschüren zu drucken.
Anstelle eines Fazits möchte ich solchen Unternehmen nur Mut zur Veränderung machen. Nutzen Sie die Möglichkeiten des digitalen Zeitalters! Fokussieren Sie sich auf den Kunden: auf seine Bedürfnisse und sein Verhalten. Diese Fokussierung endet nicht in der Produktentwicklung, sondern geht weiter im Vertrieb und im Marketing.